
Eigentlich hatte mich die Fotoausstellung in der Galerie am Dom nach Wetzlar gelockt. Doch zwischen Dom, starken Fotografinnen und Goethes Spuren wurde aus dem kurzen Abstecher ein ganzer Tag voller Eindrücke. Wetzlar lässt sich wunderbar zu Fuß erkunden, in aller Ruhe, mit offenen Augen und viel Neugier.
Majestätischer Auftakt: Der Wetzlarer Dom
Der Spaziergang beginnt am Wetzlarer Dom, einer Simultankirche, die seit der Reformation von Katholiken und Protestanten gleichermaßen genutzt wird (ja, das gibt es wirklich). Romanische und gotische Elemente erzählen von Jahrhunderten der Baugeschichte. Die unvollendete Westfassade verleiht dem Dom eine besondere Ausstrahlung, so als wolle er andeuten, dass Geschichte nie wirklich abgeschlossen ist. Wer die Zeit mitbringt, sollte auch einen Blick ins Innere werfen, es lohnt sich, nicht zuletzt wegen der vielen Totenkopf Reliefs aus der Barockzeit.
Galerie am Dom: „Vier starke Frauen – 100 Jahre Leica“
Nur wenige Schritte entfernt präsentiert die Galerie am Dom die Ausstellung „Vier starke Frauen – 100 Jahre Leica – Zeugin eines Jahrhunderts“.
- Herlinde Koelbl dokumentiert in ihrem Langzeitprojekt (von 1991 bis 1998) „Spuren der Macht – Angela Merkel“ politische Nähe und Veränderung
- Donata Wenders hält mit „Reading Time“ poetische Momente der Konzentration am Set für Filme ihres Mannes Wim fest
- Vera Mercer zeigt opulente Stillleben, die an barocke Bildwelten flämischer Maler erinnern
- Henrike Stahl präsentiert unter dem Titel „Tausend Möglichkeiten der Realität“ experimentelle und traumwandlerische Kompositionen
Die in zwei kleinen Fachwerkhäusern verteilte Ausstellung zeigt eindrucksvoll die künstlerische Bandbreite und Relevanz weiblicher Perspektiven in der zeitgenössischen Fotografie. Absolut sehenswert!
Historischer Rundgang durch die Altstadt
Am Nachmittag lohnt sich ein Spaziergang durch die gut erhaltene Altstadt. Vom Dom aus geht es zum Lottehaus, das an Goethes „Die Leiden des jungen Werthers” erinnert. Ein Abstecher ins Stadtmuseum lohnt sich ebenfalls, denn dort ist aktuell eine Ausstellung über Exlibris zu sehen. Eine Freiluftausstellung direkt am Museum im Lottehof feiert 100 Jahre Leica und zeigt außergewöhnliche Fotografien, die mit Leica-Kameras aufgenommen wurden. Weiter geht es über den Kornmarkt mit seinen kleinen Cafés zum Jerusalemhaus, dem ehemaligen Wohnhaus von Karl Wilhelm Jerusalem. Jerusalem war ein junger Jurist, der sich 1772 in Wetzlar das Leben nahm. Dieses Ereignis bewegte Goethe tief und er verarbeitete es in seinem Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers”. Ein besonderes Highlight ist die Alte Lahnbrücke. Von hier eröffnen sich weite Blicke auf die Lahn und die Silhouette der Altstadt, ein idealer Abschluss für diesen bildreichen Tag.
Fazit
Wetzlar ist das perfekte Ziel für alle, die Kultur und Fotografie lieben. Die Stadt ist nah genug für einen Tagesausflug und bietet gleichzeitig genügend Sehenswürdigkeiten für bleibende Eindrücke.