Grand Madame de Champagne

Champagne zwischen Reims und Epernay. Foto: Adobe Stock
Die Champagne zwischen Reims und Epernay. Foto: Adobe Stock

Im Frankreich des 18. Jahrhunderts, einer Zeit der Revolution und des Umbruchs, bewältigt eine junge Frau alle Herausforderungen, die sich ihr stellen, und schreibt Champagnergeschichte. In „Die Unbeirrbare“ porträtiert die Darmstädterin Marie-Luise Wolff die beeindruckende Barbe Nicole Clicquot Ponsardin, die nach dem frühen Tod ihres Mannes Francoise mit nur 27 Jahren den Weinhandel ihres Schwiegervaters Clicquot übernimmt und das Unternehmen in „Veuve Clicquot“ umbenennt.

Nicole hat auf dem Wort „Veuve“ im Firmennamen bestanden, auch um die Erinnerung an Francoise  wachzuhalten. Sie kennt diesen Brauch von einigen Weinbäuerinnen, die ihre Unternehmen ebenfalls von den verstorbenen Ehemännern übernommen haben und mit dem Vorsatz „Veuve“ vor ihrem Namen auffallen. Ihr Vater hat sich bis zum Vortag der notariellen Unterzeichnung dafür gekämpft, dass sie das Wort „Witwe“ aus dem Namen der Firma wieder streicht.

Der Roman schildert Nicole Clicquots Kampf gegen die Restriktionen ihrer Zeit und zeichnet ein lebendiges Bild einer Epoche, in der Frauen kaum Rechte haben. Als Witwe untersteht Nicole keiner ehelichen Vormundschaft, ein Privileg, die für sich erkennt und auch wahrnimmt. Unterstützt von loyalen Mitarbeitern und Weggefährten entscheidet sie sich allen Vorbehalten zum Trotz, das Unternehmen Clicquote weiterzuführen. Schon kurz nach der Übernahme  bekommt ihr Champagnerhaus die politischen Turbulenzen der Napoleonischen Kriege zu spüren. Als der Hafen von Amsterdam für jegliche Warenausfuhr gesperrt wird und der für Russland bestimmte Champagner wochenlang bei 35 Grad im Schatten ohne Kühlung zwischengelagert werden muss, verderben 49.000 Flaschen. Ein immenser Schaden, der die Existenz ihres Unternehmens massiv bedroht. Dennoch kämpft Nicole weiter. Mit Mut, Leidenschaft und Kreativität meistert sie alle  Herausforderungen und verwandelt  ihr Unternehmen in ein florierendes Champagnerhaus, das bis heute erfolgreich existiert. Die Unternehmenschronik schreibt  ihr die Erfindung des Rütteltischs zu, was ihr den Spitznamen „Grande Dame der Champagne“ einbracht haben soll.

Marie-Luise Wolff eröffnet einen faszinierenden Blick auf die Welt des Champagnerhandels im späten 18. Jahrhundert. Geschickt verbindet sie historisch belegte Ereignisse während der Französischen Revolution und der Zeit danach mit der fesselnden Lebensbeschreibung einer außergewöhnlichen Unternehmerin, deren Vermächtnis bis heute in jedem Glas Champagner spürbar ist. Dieser Roman war nicht nur ein Genuss, sondern brachte auch längst vergessene geschichtliche Ereignisse wieder in Erinnerung. Ich kann nur empfehlen, das Buch zu lesen. Vielleicht bei einem Glas Veuve Clicquot? Dazu der Hinweis der Autorin im Epilog:

Nachdem man von der Flasche aus ihren alten Kellern die Folie und den Metallkorb entfernt hat, entdeckt man  über dem Korken eine kleine Plakette mit dem Porträt von Madame Clicquot.

Santé!

Über die Autorin
Marie-Luise Wolff, geboren 1958,  studierte Anglistik und Musikwissenschaft. Sie arbeitete in leitender Funktion in vielen bedeutenden Unternehmen. Seit 2013 ist sie Vorstandvorsitzende der Entega AG. Marie-Luise Wolff lebt in Darmstadt und Köln.

Marie-Luise Wolff: Die Unbeirrbare.

Die Unbeirrbare. Das abenteuerliche Leben der Madame Clicquot
von Marie-Luise Wolff 
350 Seiten. Edition W GmbH, Frankfurt am Main. 2022.

Hörempfehlung:
„Demokratie ist Freiheit, Vertrauen und Vernunft“.
Gespräch mit Marie-Luise Wolff in hr2 Doppelkopf.
Die Sendung ist als Podcast abrufbar.