In den Stromtalwiesen

Die Stromtalwiesen bei Leeheim im Hessischen Ried zeigen eindrucksvoll, wie Natur und Mensch die Landschaft gemeinsam formen. Die variablen Wasserstände sind maßgeblich für das Erscheinungsbild der Stromtalwiesen verantwortlich. Hochwasser im Winter und Frühjahr überflutet die Flächen und reichert den Boden mit Nährstoffen an. In den heißen Sommermonaten trocknen die Böden häufig aus. Die Vegetation passt sich an diese extremen Bedingungen an, so dass eine bemerkenswerte Artenvielfalt entsteht – Lebensraum für eine breite Palette von Pflanzen, von Sumpfarten bis zu trockenheitsresistenten Gewächsen. Die Wiesen werden regelmäßig gemäht, um auf den nährstoffreichen Böden das Entstehen eines Auenwald zu verhindern, der die charakteristische Pflanzenwelt verdrängen würde. Die Stromtalwiesen sind nicht nur ökologisch wertvoll, sondern stehen exemplarisch für die Wechselwirkungen zwischen Natur und Mensch, die diese Gebiete seit Jahrhunderten prägen.

 

Der Weg vom Leeheimer Ortsrand zu den Stromtalwiesen führt am  Hofgut Kammerhof vorbei. In der Nähe dieses Hofgutes vermutet man das untergegangene Dorf Camben. Die erste urkundliche Erwähnung des Ortes datiert auf das Jahr 865, als Kaiser Ludwig I. Land an das Kloster Lorsch übertrug. Die Siedlung, die den Namen „Camben“ oder später „Camba“ trug, lag im damaligen Flussbett des Rheins gegenüber von Oppenheim. Im Jahr 1024 spielte das Dorf Camben eine wichtige Rolle, als sich die Fürsten des Reiches dort versammelten, um einen neuen Herrscher zu wählen, den Salier Konrad II. Danach verliert sich die Spur der Siedlung: Mehr als ein Jahrhundert lang wird sie nicht mehr erwähnt. Man vermutet, dass es in dieser Zeit durch Überflutungen und den wechselnden Verlauf des Rheins zerstört wurde. Ab Ende des 12. Jahrhunderts taucht in Dokumenten nur noch der „Hof zu Camben“ auf, der an die einstige Siedlung erinnert.

Auf dem Weg zum Rheindamm fallen große Antennen auf, die zur Funkmessstelle der Bundesnetzagentur gehören. Seit 1980 wird von hier aus der Weltraumfunk beobachtet. Die Parabolantennen folgen der Flugbahn von Satelliten. Zu den Aufgaben der Einrichtung gehören die Koordinierung von Satellitensystemen, die Überwachung von Starts und Orbits sowie die Lokalisierung und Beseitigung von Funkstörungen.

Geht man nach links auf dem Damm weiter den Stromtalwiesen entlang, gelangt man zum Pumpwerk Kammerhof. Es ist eines von drei Pumpwerken in der Region, die einst Bestandteil des Entwässerungssystems am Altrhein waren. Das System wurde zwischen 1925 und 1928 errichtet, um Überschwemmungen bei  Hochwasser zu verhindern, die trotz des Rheindamms weiterhin auftraten. Am Pumpwerk ist ein Relief Konrads II mit dem Datum seiner Wahl angebracht, womit sich der Kreis zum untergegangenen Dorf Camben schließt.