Ein Spaziergang über das Gelände des ehemaligen Safarilands im Groß-Gerauer Stadtteil Wallerstädten führt heute durch eine stille, grüne Landschaft mit Wiesen und Wald. Kaum etwas erinnert noch daran, dass hier einst Löwen, Tiger und Affen lebten – mitten in Hessen, zwischen Feldern und einer Landstraße.
Zwischen 1970 und 1985 war das Safariland Wallerstädten der größte Safari- und Freizeitpark Deutschlands. Das Konzept versprach „echtes Safari-Feeling“: Besucher konnten mit dem eigenen Auto durch die Freigehege fahren, in denen über 200 Tiere lebten, darunter Tiger, Löwen, Emus und Strauße. Die Realität hinter dieser vermeintlichen Attraktion war jedoch alles andere als paradiesisch. Tausende Fahrzeuge rollten täglich durch die Gehege und hinterließen eine unsichtbare, aber tödliche Spur: Autoabgase. Schon bald stellten Tierärzte bei den Raubkatzen alarmierend hohe Bleikonzentrationen im Blut fest, die durch die Auspuffgase der Besucherautos verursacht wurden. Viele Tiere litten an chronischen Vergiftungen, ihre Gesundheit und ihr Verhalten verschlechterten sich dramatisch.
Als Reaktion darauf wurde die sogenannte Safaribahn eingeführt: eine Einschienenbahn, die das Durchfahren der Gehege mit Privatwagen ersetzte. Doch auch diese Lösung brachte keine Ruhe: Der Lärm der Bahn, die Lautsprecheransagen und der ständige Menschenandrang setzten die Tiere weiter unter Stress. Zusätzlich zum Safari-Konzept beherbergte der Park ab 1973 ein Delphinarium, in dem die Meeressäuger in einem Tragluftzelt zur Schau gestellt wurden. Die Haltung in kleinen, künstlichen Becken in Gefangenschaft wurde von Tierschützern schon damals als nicht artgerecht und leidvoll kritisiert. Das Delphinarium, dessen Becken sich teilweise im Freien befand, stand im Fokus der Kritik an der frühen Delfinhaltung, die mit hohen Tiersterblichkeitsraten verbunden war. Ein Orkan im Jahr 1983 zerstörte das provisorische Tragluftzelt und besiegelte so das Ende der Delfinshows in Wallerstädten. Aufgrund finanzieller Probleme konnte die Anlage nicht wieder aufgebaut werden und die Delfine mussten umgesiedelt werden.
Mitte der 1980er Jahre wurde das Safariland schließlich geschlossen. Für viele der Tiere kam diese Maßnahme jedoch zu spät. Ihr Leid war längst zum Sinnbild für die Fehlentwicklung einer Freizeitindustrie geworden, die Wildtiere als Attraktionen verstand.
Heute ist das Gelände renaturiert. Die Stadt Groß-Gerau ließ die alten Gebäude abreißen, pflanzte Bäume und legte Wege und Wiesen an. Spaziergänger begegnen hier Amseln statt Löwen und hören Wind statt Lautsprecheransagen. Wo einst das Röhren der Raubkatzen erklang, liegt heute eine friedliche Stille – eine Stille, die den Tieren von damals vermutlich gutgetan hätte. Das ehemalige Safariland Wallerstädten bleibt ein Ort der Erinnerung und eine leise Mahnung, dass sich Tierwohl und menschliche Neugier nicht immer vereinbaren lassen.