
Der Anlass, mich mit diesem Buch zu beschäftigen, war meine Leidenschaft für Pompeji, die bei einem Besuch im Archäologischen Zentrum Pompeji vor einigen Jahren entflammt ist. Der Roman mit dem langen Titel „Pompeji oder Die fünf Reden des Jowna“ erzählt vom Schicksal der Stadt Pompeji am Golf von Neapel. Die Stadt, die im Jahr 79 n. Chr. durch den verheerenden Ausbruch des Vesuvs begraben wurde. Bis dahin lebten die Bewohner ahnungslos auf einem Lavaplateau, ohne zu wissen, welche tödliche Gefahr der nahe gelegene Berg birgt. Am Vormittag des 24. August bricht die Spitze des Vesuv unter Getöse auf, flüssiges, gasreiches Magma wird durch die Luft geschleudert und fällt als Aschen- und Bimssteinregen auf Stadt Pompeji herunter. Menschen und Tiere starben an Hitze, an den Steinschlägen oder sie erstickten.
Im Zentrum der Handlung steht der Einwanderer Jowna, ein junger Mann ohne Bildung und ohne Geld. Er glaubt, dass die toten Vögel auf einem Berg oberhalb der Stadt auf einen bevorstehenden Vulkanausbruch hindeuten. Unter dem Namen Josse versammelt er Gleichgesinnte um sich, gründet eine Aussteigerbewegung und träumt davon, in sicherer Entfernung eine neue Stadt zu gründen. Seine Ideen verbreiten sich rasch in Pompeji und seine Reden ziehen bald auch wohlhabende Bürger an, die sich eine neue Heimat am Meer erhoffen. Insbesondere die einflussreiche Immobilienbesitzerin Livia versucht, diese Entwicklung zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Während Jowna zwischen seiner (Liebes-)Beziehung zu Livia, den Erwartungen seiner zahlreichen Anhänger und seinen eigenen Überzeugungen hin- und hergerissen ist, spitzt sich die Lage weiter zu. Der Ausbruch des Vesuvs rückt immer näher und enthüllt die Abgründe, Machtkämpfe und Hoffnungen der Stadtbewohner.
Mit großer erzählerischer Kraft schildert Eugen Ruge den Alltag, die Konflikte und das Schicksal Josses und der Menschen in Pompeji. Der Roman ist ein packendes Zeitbild, das die unheilvolle Spannung in den Tagen vor der Katastrophe eindrucksvoll einfängt. Ein Buch, das ich uneingeschränkt empfehlen kann.
Der Autor
Eugen Ruge wurde 1954 im Nordural geboren und wuchs ab 1956 in Ost-Berlin auf. Von 1980 bis 1985 arbeitete er als Mathematiker in der Erdbebenforschung in der DDR. Parallel dazu begann er, Theaterstücke und Hörspiele zu schreiben. 1989 floh er in die Bundesrepublik. Seinen literarischen Durchbruch erzielte er 2011 mit dem Roman „In Zeiten des abnehmenden Lichts”, der unter anderem mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde. Eugen Ruge lebt heute in Berlin und auf Rügen.
Pompeji oder Die fünf Reden des Jowna
Von Eugen Ruge. Roman.
357 Seiten. dtv Verlag. München. 2023