Hoch oben im Aschaffenburger Schlosspark fällt ein besonderes Bauwerk ins Auge: das Pompejanum, der Nachbau einer römischen Villa. Seine Entstehung verdankt dieses ungewöhnliche Gebäude der Begeisterung für die Antike, die im 19. Jahrhundert ganz Europa erfasste.
Im Jahr 79 n. Chr. brach der Vesuv aus und begrub die Stadt Pompeji unter Asche und Bimsstein. Die Menschen hatten die Warnungen und ersten Erdstöße nicht ernst genommen – bis es zu spät war. Jahrhunderte lang blieb die Stadt unter ihrer Hülle verborgen, bis im 18. und 19. Jahrhundert die systematischen Ausgrabungen begannen. Giuseppe Fiorelli legte die Straßen und Häuser mit wissenschaftlichen Methoden frei und machte das antike Leben wieder sichtbar.
Diese spektakulären Funde lösten in Europa eine regelrechte Antikenbegeisterung aus. König Ludwig I. von Bayern, selbst ein passionierter Verehrer der klassischen Antike, ließ sich von den Entdeckungen in Pompeji inspirieren und schenkte Aschaffenburg mit dem Pompejanum ein einzigartiges Stück römischer Wohnkultur.
Ein König als Bauherr
Ludwig I. war fasziniert von der Idee, römisches Leben im eigenen Land erlebbar zu machen. So ließ er in Aschaffenburg ein begehbares Modell einer römischen Villa im Maßstab 1:1 errichten. Sein Anliegen brachte der König selbst auf den Punkt:
„Willst du seh’n, wie die Römer gelebt, so geh nach Pompeji. Was dir zeiget nicht Rom, lehrt dich ein spärlicher Raum.“ – Ludwig I. von Bayern
Für den Bau beauftragte er seinen Hofarchitekten Friedrich von Gärtner, der bereits die Feldherrenhalle und das Siegestor in München geschaffen hatte. Gärtner reiste persönlich nach Pompeji und ließ sich dort von der Casa dei Dioscuri inspirieren, dem prachtvollen Haus einer wohlhabenden Familie. Zwischen 1840 und 1851 entstand das Pompejanum – ein Projekt, das von Anfang an für Aufsehen sorgte. Selbst der Frankfurter Philosoph Arthur Schopenhauer kam 1854 eigens nach Aschaffenburg, um das „Pompejanische Haus“ zu besichtigen.
Zerstörung und Wiederaufbau
Im Zweiten Weltkrieg wurde das Pompejanum schwer beschädigt und blieb lange Zeit eine Ruine. Erst ab 1960 begann die aufwendige Restaurierung, die das Gebäude Schritt für Schritt in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzte und es als anschauliches Zeugnis antiken Lebens wiedereröffnete.
Ein Besuch lohnt sich
Natürlich kann das Pompejanum eine Reise nach Pompeji nicht ersetzen. Doch wer römische Wohnkultur nachempfinden möchte, ist hier genau richtig. Farbenprächtige Wandmalereien, filigrane Mosaikböden und detailgetreue Rekonstruktionen lassen das antike Leben lebendig werden. Man durchstreift Räume, wie sie einst in Pompeji existierten – vom Atrium über das Tablinum bis hin zur Latrine, deren Rekonstruktion allerdings unter Historikern umstritten ist.
Ergänzt wird der Rundgang durch originale römische Kunstwerke aus der Münchner Glyptothek und den Staatlichen Antikensammlungen. Ein lohnendes Ziel für Kultur- und Geschichtsinteressierte – und für Pompeji-Fans wie mich ein ganz besonderes Erlebnis.
Gut zu wissen
Öffnungszeiten, Anreise und weitere Informationen sind hier abrufbar:
>>Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen
Zum Weiterlesen
Das Pompejanum in Aschaffenburg
Bearbeitet von Werner Helmerger, Raimund Wünsche und Florian S. Knauß. Reiseführer.
152 Seiten. Bayerische Schlösserverwaltung
Pompeji oder Die fünf Reden des Jowna
Von Eugen Ruge. Roman.
357 Seiten. dtv Verlag. München. 2023
>>> zum Buch
Vom Zauber des Untergangs. Was Pompeji über uns erzählt
Von Gabriel Zuchtriegel (Direktor des Archäologischen Parks Pompeji)
238 Seiten. Ullstein Buchverlage, Berlin. 2023
Die letzten Tage von Pompeji
Herausgegeben von Martin Pfaffenzeller und Eva-Maria Schnurr
252 Seiten. Penguin Verlag, München. 2025
Pompeji. Von Luigi Spina (Fotograf). Mit einführenden Texten von Gabriel Zuchtriegel (Direktor des Archäologischen Parks), Massimo Osanna (vorheriger Direktor), Giuseppe Scarpati (Verantwortlicher für das Fotoarchiv des Archäologischen Parks). Bildband.
478 Seiten. Elisabeth Sandmann Verlag, München. 2023
Bildband des Jahres 2023.