
Die Groß-Gerauer Fasanerie, im Süden der Stadt an der Bundesstraße 44 gelegen, ist ein Ort mit Geschichte. Das weitläufige Areal, das heute von vielen Besuchern zur Naherholung genutzt wird, war einst als Jagdrevier ganz und gar dem Adel vorbehalten. Die Entwicklung vom Jagdgebiet zur heutigen Parkanlage ist eng mit den Grafen von Katzenelnbogen und dem hessischen Landgrafenhaus verknüpft.
Von den Grafen von Katzenelnbogen zur hessischen Fasanerie
Das Adelsgeschlecht der Grafen von Katzenelnbogen erhielt im Jahr 1259 die Dornburg, eine mittelalterliche Wasserburg in Dornberg, als Herrschaftssitz. Nach dem Aussterben des Geschlechts im Jahr 1479 fiel der Besitz an die Landgrafen von Hessen. Die Dornburg wurde 1689 im Pfälzischen Erbfolgekrieg vollkommen zerstört. Ihre Steine fanden allerdings eine neue Verwendung: Sie dienten als Baumaterial für die Umfassungsmauer einer Fasanerie, die der jagdbegeisterte Landgrafen Ludwig VIII von Hessen-Darmstadt zwischen 1722 und 1726 westlich von Schloss Dornberg errichten ließ. Als eines von zahlreichen Jagdrevieren des Landgrafen beherbergte sie vor allem Fasane sowie Rot- und Damwild. Da Fasane zu dieser Zeit nicht zur heimischen Tierwelt gehörten, wurden die Vögel im Kaukasus gefangen, nach Dornberg verbracht und gezüchtet (laut Information des Regionalparks zur Groß-Gerauer Fasanerie).
Der Tiergarten: Aufstieg und Niedergang
Im südlichen Teil der Fasanerie entstand 1958 ein Tiergarten. Auf dreieinhalb Hektar lebten dort rund 300 Tiere aus 75 Arten – vom heimischen Damwild über Esel bis zu exotischeren Bewohnern wie Nandus und Papageien. Über viele Jahre hinweg war der Tiergarten ein beliebtes Ausflugsziel für Familien und Schulklassen. 2022 endete seine Geschichte abrupt. Der Grund: Der Betreiberverein konnte keine gültige tierschutzrechtliche Erlaubnis gemäß § 11 des Tierschutzgesetzes vorlegen. Ein Antrag auf Genehmigung war bereits 2017 abgelehnt worden, da die Zuverlässigkeit des Vereinsvorsitzenden infrage stand. Wiederholte Verstöße gegen gesetzliche Vorgaben und die Nichtvorlage erforderlicher Unterlagen führten schließlich zur Schließung des Tiergartens. Seit Mai 2022 ist der Bereich für Besucher gesperrt, und eine Wiedereröffnung ist leider nicht absehbar. Auch drei Jahre nach der Schließung stehen fast täglich Besucher aus der gesamten Region Rhein-Main, oft mit erwartungsfrohen Kindern, vor der verschlossenen Eingangstür zum Tiergarten.
Die Fasanerie als Teil des Regionalparks
Der rund 30 Hektar große Park ist heute Teil des Regionalparks Rhein-Main. Seit 2012 wird er als offizieller Erlebnispunkt der Regionalpark-Route südlich des Mains geführt. Nach der Integration begann die Regionalpark RheinMain Südwest GmbH mit der Erstellung eines Plans zur nachhaltigen Pflege und Erhaltung der Anlage. Im Zuge der Umsetzung wurden unter anderem einige Bäume gefällt, die Fasaneriemauer von Efeu und anderen Pflanzen befreit und geologische Infotafeln an der Mauer aufgestellt. Beendet wurde das Projekt 2015. Es wurde vom Landesamt für Denkmalpflege Wiesbaden mitfinanziert.
Die Fasanerie heute
Die Fasanerie dient heute als Landschaftspark der Erholung, dem Naturerleben und auch dem Naturschutz. Der Park mit großen Wiesen und einem Weiher ist bewaldet: Ein weitläufiger Mischwald mit beeindruckendem Altbaumbestand und naturbelassenen Bereichen, in denen gefällte und umgestürzte Bäume liegen bleiben und sich langsam zu Humus zersetzen. Wertvoller Lebensraum und Nahrungsquelle für Insekten und Kleinstlebewesen. Ein Waldlehrpfad lädt dazu ein, mehr über die heimische Natur zu erfahren. Auch Spuren der Geschichte sind allgegenwärtig: von der Dornburg der Katzenelnbogen über die Jagdleidenschaft der hessischen Landgrafen bis zur Entstehung des Tiergartens. Damit verbindet die Fasanerie Wandel und Beständigkeit auf besondere Weise.
Die Fasanerie als Rückzugsort
Für mich ist die Fasanerie weit mehr als ein Park, sie hat eine persönliche Bedeutung. Als Kind habe ich mit meinen Eltern hier Spaziergänge unternommen und den Tiergarten besucht. Während mein Vater stets schnurstracks zum Eselsgehege ging, bekam ich zuerst am kleinen Kiosk ein Orangeneis und durfte anschließend die Teichenten mit wenigen trockenen Brotstückchen füttern. Seither ist die Fasanerie mehrmals wöchentlich Teil meines Lebens. Die schattigen Waldwege eignen sich perfekt für Walkingrunden und der Blick auf den Enten- und Schildkrötenweiher sorgt immer wieder für eine kleine Auszeit vom Alltag. Wer eine kleine Pause braucht, sollte in der Fasanerie vorbeischauen und diesen besonderen Ort selbst entdecken. Vielleicht sehen wir uns ja!