
Manchmal sind es die Zufallsfunde, die bleiben. Dieses Buch fiel mir in die Hände, als ich eigentlich nach etwas ganz anderem suchte. Ich habe mich festgelesen. „30 Pflanzen pro Woche“ von Katharina Seiser ist ein Kochbuch und zugleich ein anregender Sachtext über Ernährung, Gesundheit und unser inneres Ökosystem. Die Idee ist simpel und gleichzeitig überzeugend: Wer jede Woche mindestens 30 verschiedene Pflanzen isst, also Gemüse, Obst, Kräuter, Gewürze, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen, stärkt damit sein Mikrobiom, die Gemeinschaft von Mikroorganismen, die unseren Darm besiedeln und dort eine zentrale Rolle für unsere Gesundheit spielen.
Das Buch verbindet aktuelle Erkenntnisse aus der Mikrobiomforschung mit kulinarischer Praxis. Die Expertinnen Theres Rathmanner für Ernährungswissenschaft und Gabriele Berg für Mikrobiologie liefern die Hintergründe: Unsere innere Bakterienlandschaft wandelt sich täglich, fermentierte Lebensmittel tragen eine Art mikrobielle Signatur und unser Körper profitiert in vielerlei Hinsicht vom Artenreichtum auf dem Teller.
Statt Verbote und Verzicht heißt die Devise hier: mehr Vielfalt, mehr Geschmack, mehr Genuss. Die Herausgeberin Katharina Seiser hat dazu eine Auswahl an vegetarischen und veganen Rezepten in den drei Kategorien kalt, warm und süß zusammengestellt. Zum Teil sind es eigene, zum Teil auch Rezepte aus anderen bereits veröffentlichten Kochbüchern. Die Auswahl ist bunt, abwechslungsreich und alltagstauglich. Neben jedem Rezept ist die Anzahl der enthaltenen Pflanzen angegeben. So wird das Zählen fast zu einem Spiel.
Ich habe es ausprobiert und eine kleine Excel-Tabelle angelegt, in der ich alle Pflanzen, die auf unsere Teller kamen, erfasst, sortiert und ausgewertet habe. Schon in der ersten Woche kamen wir auf 54 verschiedene Sorten: vom Apfel bis zur Zwiebel. Allein diese Übung hat unser Einkaufsverhalten verändert. Wir greifen nun gezielter zu frischen Kräutern und zu Pflanzensorten, die wir sonst eher selten kaufen.
Was uns besonders überzeugt hat: Diese Form der Ernährung nützt nicht nur der Gesundheit, sondern auch der Umwelt. Der Zusammenhang zwischen persönlichem Wohlbefinden und der Gesundheit des Planeten ist längst belegt – man spricht von „One Health“. Wie wir essen, beeinflusst nicht nur unseren Körper, sondern auch Klima, Boden, Wasser und Artenvielfalt. Eine weitgehend pflanzenbasierte Ernährung wie die hier vorgestellte ist nicht nur nährstoffreich, sondern auch ressourcenschonend. Die sogenannte „Planetary Health Diet“, entwickelt von führenden Wissenschaftlern der Ernährungs- und Umweltforschung, fasst diese Prinzipien zusammen: Sie zeigt, dass eine Ernährung möglich ist, die allen Menschen nützt – ohne den Planeten zu überfordern. Der Weg dorthin führt über mehr Pflanzenvielfalt auf dem Teller.
„30 Pflanzen pro Woche“ ist kein Gesundheitsratgeber im klassischen Sinne. Es ist kenntnisreich, aber nicht besserwisserisch. Es will nicht umerziehen, sondern anregen. Wer sich ohnehin gern mit frischen Zutaten beschäftigt, findet hier Inspiration und Argumente. Und wer bislang dachte, gesunde Ernährung sei zwangsläufig fad oder kompliziert, wird angenehm überrascht. Ein kulinarischer Lese- und Zählimpuls für alle, die Pflanzen nicht nur im Garten, sondern auch auf dem Teller mögen. Wir haben unsere Freude damit!
30 Pflanzen pro Woche
Das Kochbuch für ein langes gesundes Leben:
Rezepte, die das Darm-Mikrobiom stärken
Herausgegeben Katharina Seiser
219 Seiten. Christian Brandstätter Verlag, Wien. 2025